Katrin Luchsinger Dr. phil.

Projekte

Forschung

2006–2014

Um 1900 wurden in den meisten der 25 kantonalen psychiatrischen Anstalten in der Schweiz, ebeso wie in ganz Europa, ab und zu Bilder, Zeichnungen oder anderes künstlerisches Schaffen von Patientinnen und Patienten aufbewahrt. Die Werke sind dichte und sehr verschiedenartige Statements auf ästhetischer Ebene dazu, wie Normalität um 1900 verhandelt wurde.

In manchen Anstalten wurde sogar eine Sammlung angelegt und in einem kleinen Museum gezeigt. Psychiater traten forschend an die Werke heran. Sie fragten, ob Begabung gesund oder ob Genialität ein Zeichen von Geisteskrankheit sei. Sie betteten die Werke in diagnostische, wahrnehmungs- und kunstpsychologische Fragestellungen ein und deuteten sie in der Therapie. Sie suchten nach dem Ursprung von künstlerischem Ausdruck und verglichen die Werke mit moderner, aussereuropäischer oder mittelalterlicher Kunst. Die Psychiater Walter Morgenthaler oder Hans Steck waren von den Werken ihrer Patienten Adolf Wölfli oder Aloyse Corbaz tief beeindruckt und stellten sie der Kunst der Avantgarde als ebenbürtig zur Seite. Die aktuelle Forschung untersucht die diskursiven Einbettungen und die gesellschaftliche Dynamik, die diesen oft sehr komplexen Laienwerken innewohnt. Künstlerisches Schaffen war eine mögliche Strategie des Überlebens in der schwierigen Situation des Ausschlusses vom öffentlichen Leben.

Das Forschungsvorhaben «Bewahren besonderer Kulturgüter I und II» (Projekt I: 2006–2008, Projekt II: 2010–2014) wurde vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützt und war an der Zürcher Hochschule der Künste, Institute for Cultural Studies (Prof. Sigrid Schade) angesiedelt.

Projektleitung Prof. Dr. Katrin Luchsinger, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen lic. Phil. Iris Blum, Jacqueline Fahrni (Projekte I und II), Florence Choquard Dr. phil. (Projekt II), Isabelle Dessort-Baur, Anita Rufer (Projekt I).

Ausstellungen

2022–2024

HINTER MAUERN. Fotografie in psychiatrischen Einrichtungen 1880 bis 1935

Kunstmuseum Thurgau, Katrin Luchsinger, Stefanie Hoch (Hrsg.)

Ausstellungsstationen

Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg
24. 3. bis 31.7.2022

Kunstmuseum Thurgau
2.10.2022 bis 16.4.2023

Psychiatrie Museum Bern,
26.5.2023–April 2024

mit Katalog d/e, siehe Publikationen

2018–2019

Extraordinaire! Unbekannte Werke aus psychiatrischen Einrichtungen in der Schweiz um 1900
Ausstellungsprojekt und Begleitprogramm

Ausstellungsstationen

Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg
11.10.2018 bis 20.1.2019

Kunstmuseum Thun
9.2.2019 bis 19. Mai 2019

LENTOS Kunstmuseum, Linz
7.6.2019 bis 18.8.2019

Interview zur Ausstellung

Vermittlungsprogramm
Workshops / Wissenschaftscafé / Unterrichtsprojekt «Atelier inklusiv / Tagung: «Rohe Kunst?», Zurich University of the Arts, June 10, 2019

mit Katalog d/e, siehe Publikationen
Gefördert von SNF/Agora, Pro Helvetia

2015

Auf der Seeseite der Kunst. Werke aus der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen 1894–1960

Ausstellungsstationen

Museum im Lagerhaus, St.Gallen
2.12.2014 bis 8.3.2015

Staatsarchiv Thurgau, Frauenfeld
1.4.2015 bis 22.5.2015

mit Katalog, siehe Publikationen

2010–2011

Rosenstrumpf und dornencknie. Werke aus der Psychiatrischen Pflegeanstalt Rheinau 1867–1930

Ausstellungsstationen

Museum im Lagerhaus, St. Gallen
1.12.2010 bis 13.3.2011

Medizinhistorisches Museum der Universität Zürich
2011

mit Katalog, siehe Publikationen

2008–2009

Der Himmel ist blau. Werke aus der Sammlung Morgenthaler
begleitend zur Ausstellung «Adolf Wölfli Universum. Eine Retrospektive»

Ausstellungsstation

Kunstmuseum Bern
1.11.2008 bis 18. Mai 2009

Publikation: Pläne. Werke aus psychiatrischen Kliniken in der Schweiz 1850–1920, siehe Publikationen

Unterricht

seit 2019

Zürcher Hochschule der Künste, Bachelor Art Education

Semesterprojekt: «Atelier inklusiv»
Vom Arbeiten und Ausstellen auf Augenhöhe, eine inklusive Kollaboration

Studierende des Bachelor Art Education und künstlerisch tätige Menschen mit Beeinträchtigung treffen sich zu einem Austausch auf Augenhöhe. Dafür öffnet die ZHdK ihre Türen. Klient*innen und Studierende arbeiten zusammen an ihren Projekten und entwickeln neue Formen der Zusammenarbeit. 

Ein Projekt von
Stefan Wettstein, Christian Vetter, Katrin Luchsinger

Assistierende
Matthias Graber, Michelle Schuhmacher, Matthias Sohr

In Kooperation mit den Ateliers für Künstler:innen mit besonderen Voraussetzungen

Atelier Tilia, Rheinau

Kubeis, Kunstwerkstatt an der Lorze, Cham

Stiftung RGZ Rauti

Stiftung Züriwerk, Hunzikerareal

wohnstätten zwyssig

Atelier Rohling, Bern

Heimstätten Wil und Living Museum Wil

2021

Volkshochschule Zürich

Jonne van Galen, Katrin Luchsinger, Ringvorlesung «Outsider Art»

Mit Vorträgen von Paul Hoff Prof. Dr. Dr., Monika Jagfeld, Dr., Katrin Luchsinger, Dr., Geraldine Wullschleger